Einblicke

Mit Beharrlichkeit und Wille ‹Zurück an die Front›.

Portrait

Nick Gnädinger

Der Spruch «Ein Unglück kommt selten allein» bekommt einen ganz neuen Sinn, wenn man selbst betroffen ist. Niklaus, Rufname ‹Nick› Gnädinger hat das erlebt. Was er aufgebaut hatte, fiel innerhalb kurzer Zeit in sich zusammen. Doch Aufgeben war keine Option. Wie Nick wieder aufgestanden ist und sich seinen Platz an der Sonne zurückerkämpft hat, davon handelt diese Geschichte.

Niklaus Gnädinger hatte sich eine Existenz im Bankenumfeld aufgebaut und war schliesslich Bankenbetreuer mit ‹Vice-President-Status›. Seine Arbeit bedeutete ihm sehr viel. Doch so wie es an der Börse hin und wieder zu einem ‹Crash› kommt, so kann es auch eine private Existenz treffen, wenn etwas Unerwartetes wie ein Job-Verlust passiert. «Ich habe nicht darüber nachgedacht, dass mich so etwas treffen könnte. Doch dann kam es immer schlimmer und die Negativspirale war kaum mehr zu bremsen», spricht Nick G. heute über das, was ihm vor einigen Jahren widerfuhr. Der berufliche Zusammenbruch hinterliess auch in seinem Privatleben Spuren und endete letztlich in einem Augeninfarkt. Seither ist der Banker sehbehindert.

Den Weg zurück finden

Nach dem Job-Verlust fing die Odyssee für Nick Gnädinger erst an: Er verschickte über 500 Bewerbungen, bevor er mit Zählen aufhörte. Sein Kommentar: «Meine Qualifikationen wurden nicht richtig verstanden. Wenn das eigene Profil nicht exakt mit dem Nachgefragten übereinstimmt, ist man ‹out›. Wenige Berufsberater nehmen sich Zeit, Qualitäten herauszuschälen und dann eine entsprechende Einsatzmöglichkeit zu suchen.»

Trotz dieser schwierigen Erfahrung war es nicht die Tatsache, ausgesteuert zu sein, die Nick G. als sein persönliches ‹Grounding› empfand. Als er endlich wieder Arbeit als Taxifahrer fand - die während des Studiums erworbene Lizenz besass er nach wie vor - und dieser neue Job ihm Spass zu machen begann, passierte ein Malheur: Nick G. war einmal zu schnell unterwegs. Das Resultat: drei Monate Führerscheinverlust. Damit war der Bogen überspannt. Nach kaum zwei Wochen ohne Führerschein, erlitt er den Augeninfarkt. Die Krankheit und die in der Folge ausgesprochene Kündigung rissen ihm den Boden unter den Füssen weg.

«Ich realisierte gar nicht, was los war. Ich bemerkte nur, dass ich weniger sah und sprach auch darüber. Nur dank zahlreicher Fragen seitens Kollegen wie ‹warst du beim Augenarzt›? oder später ‹hast du die IV kontaktiert›?, unternahm ich schliesslich die nötigen Schritte.

Als sein Fall bei der IV anerkannt wurde, läutete schon wenige Wochen später das Telefon und er wurde angefragt, ob er flexibel sei und ab August bei der SIBU in Basel zur Abklärung erscheinen würde, um eine Grundschulung zu absolvieren.

Als erstes wurde in Basel eine Standortbestimmung in Form eines Assessments durchgeführt. Nach einer generellen Einführung wurden für die ‹Sehbehindertentechnische Grundschulung in Vollzeit› die Unterrichtsfächer und -zeiten sowie die Ausbildungsbereiche festgelegt. Nick Gnädinger fiel es anfänglich etwas schwer, sich auf die Grundschulung einzulassen. Als Ältester, der zudem im Vergleich zu den anderen an einer geringfügigeren Sehbehinderung litt, hatte er es schwer, sich anzupassen und auf ein tieferes Tempo einzulassen. Da er auch die Freizeit während der Woche in Basel verbrachte, organisierte er ein Treffen mit dem lokalen ‹Verein Lauftreff beider Basel›. Die Laufbegleitungen, die der Verein speziell für Sehbehinderte anbietet, nutzte er rege. Auch im RegioChor in Binningen machte er mit.

«Ich war der Älteste, sah besser als andere und war sehr ungeduldig – mich in den Ausbildungsbetrieb einzufügen fiel mir etwas schwerer als anderen.»

Lernen, die Sehbehinderung zu kompensieren

«Mit der Zeit fand ich den Rhythmus und lernte, mit meiner Sehschwäche umzugehen. Wir trainierten mit einem Vergrösserungsprogramm am PC, machten Tastaturübungen und erlernten Tastenkombinationen, die einen neuen Zugang zur Arbeit mit Office-Programmen gewährleisten. Ich wurde mit der Zeit ziemlich gut und erlangte sogar international gültige PC-Zertifikate», so Nick G. Die Zeit in Basel hat ihm auch über den Ausbildungsalltag hinaus viel gebracht. Er entwickelte ein besseres Verständnis für Menschen mit Behinderung, was auch damit zu tun hat, dass er in der irides AG (Blindenheim Basel) zusammen mit anderen Betroffenen wohnen durfte, die ebenfalls bei der SIBU in Ausbildung waren. Grossartig seien die Möglichkeiten im Blindenheim gewesen: Museums- und Konzertbesuche, ja sogar die Swiss Indoors besuchten sie mit einer Gruppe. Auch das topmoderne Hallenbad war sehr beliebt. Von der SIBU wurde eine Weihnachtsführung organisiert und die zu einer eingeschworenen Truppe gewordenen ‹Schüler› badeten mittags auch gerne im nahen Rhein.

Nach fünfmonatiger Ausbildung wurde entschieden, die Ausbildungszeit von Nick G. nach Ablauf des Semesters zu beenden. Gleichzeitig kam der Kontakt zur Zürcher Kantonalbank (ZKB) zustande. Die Bank bietet massgeschneiderte Integrationsprogramme für Menschen mit einer Beeinträchtigung an. Die Fachstelle Diversity bei der Zürcher Kantonalbank begleitet diese Menschen in der Zeit der Wiedereingliederung. Zwar hing es an einem seidenen Faden, ob es für ein Integrationsprogramm bei der ZKB reichen würde. Doch dann im Januar 2015 ging plötzlich alles sehr schnell: Telefonat in der ersten Woche, Vorstellungstermin in der zweiten Woche, Vertrag in der dritten Woche auf dem Tisch, und in der Vierten der unterschriebene Vertrag unter Dach und Fach. Es ging sofort mit einem individuell ausgearbeiteten Eingliederungsprogramm los, das Nick G. zurück in die Arbeitswelt begleitete. Dieses umfasste zwei Jahre mit verschiedenen Stationen in der Bank. Die IV unterstützte das Programm.
 

«Zurück zu den Wurzeln»

Dass eine solche Wiedereingliederung in die Berufswelt nach einem Sehverlust nicht ohne externes Coaching geht, liegt auf der Hand. Aus diesem Grund gibt es von der SIBU das Angebot «Sehbehindertentechnische Unterstützung». Nick Gnädingers Beraterin, Daniela Schlögl stand mit dem Angebot ‹Supported Employment› beratend zur Seite, als es darum ging, den Einstieg zurück in den Arbeitsalltag zu finden. Sie koordinierte den Prozess mit der IV und dem Arbeitgeber, leistete Aufklärungsarbeit bei Mitarbeitenden, Vorgesetzten, der IV-Berufsberaterin und beim Klienten. Wichtig war dabei auch, dass sie Nick G. immer wieder mit alten Verhaltensmustern konfrontierte und ihm klarmachte, dass er als Sehbehinderter einen neuen Modus bei der Arbeit finden muss. Dazu führte sie viele Gespräche und Reflexionen über das Leben und Arbeiten mit einer Sehbehinderung. So stellte sie sicher, dass der Transfer vom Gelernten in den neuen Berufsalltag hergestellt werden kann.

So kehrte Nick Gnädinger in jene Branche und in den Bereich zurück, wo er die grössten Kenntnisse mitbringt und über viel Erfahrung verfügt. Nick G.: «Das ist nicht selbstverständlich, es hat natürlich niemand auf mich gewartet. Ann-Kathrin Greutmann von der Fachstelle Diversity musste zuerst Vorgesetzte und Teams suchen, die bereit waren, mit mir einen Versuch zu starten». «Nicks Rucksack war mit Fachwissen gefüllt, das für uns als Bank interessant war», meint Greutmann. Insbesondere seine fachliche Weitsicht, seine Selbstständigkeit und Kommunikationsfähigkeit haben geholfen, dass es nach drei Jahren zur Festanstellung kam, so das Fazit der Vorgesetzten Matthias Hafner und Sandro Rech.

Glück im Unglück

Den Arbeitsplatz des Bankers sehbehindertengerecht auszurüsten, diese Aufgabe übernahm der SIBU-Informatiker Peter Schultze. Er fand rasch heraus, dass das in Basel benutzte und erlernte Programm ZoomText nicht funktionierte, da es nicht für zwei Bildschirme ausgelegt ist. Mit SuperNova wurde eine Alternative gefunden. Der Einbau dieser Software in die Bankenumwelt war alles andere als einfach, da sie den bankinternen Informatikern gänzlich unbekannt war. Und die Sicherheitsbestimmungen der Bank sind auch nicht ohne.

«Der Augeninfarkt auf meinem bisher guten Auge hatte zur Konsequenz, dass mein benachteiligtes Auge (Hornhautverkrümmung seit der Kindheit) plötzlich das ‹bessere› war. Nun konnte ich nicht mehr richtig scharf sehen. Die Vergrösserung von Texten hilft dabei sehr. Dafür sehe ich nicht alles auf einer Maske wie meine Kollegen. Also bewege ich viel mit dem vergrösserten Mauszeiger, mindestens dort, wo Tastenkombinationen nicht funktionieren. Ein Notenständer als Papierablage und zusätzliches Licht sind ebenfalls hilfreich. Ausserdem sitze ich wegen hellen Lichteinfalls nicht am Fenster». Bei Anlässen, Vorträgen oder Präsentationen, bei denen die Leinwand weiter entfernt ist, nutzt Nick G. ein Monokular oder er macht auch mal mit dem iPad Fotos, die er später vergrössern kann.

Dass er all dies über die letzten Jahre geschafft hat, wäre ohne seine Frau – die ihm immer den Rücken stärkte –  und ohne seine Familie, Freunde, seinen Verein und seinen Glauben kaum möglich gewesen. Auch die glückliche Fügung, dass sich die Zürcher Kantonalbank für Menschen mit besonderen Bedürfnissen einsetzt, ist ein wichtiger Puzzlestein im Gesamtbild.

Und dieses Bild zeigt einen zufriedenen Niklaus Gnädinger, der zurück im Business ist und trotz seiner Sehbehinderung seinen Beitrag in der Arbeitswelt leistet und sich voll und ganz einbringt.

Hintergrund

Was ist ein Sehsturz (Augeninfarkt)?

Ein Sehsturz oder Augeninfarkt ist eine akute Durchblutungsstörung der Netzhaut, die ein Auge betrifft. Es kann zu Gefässverschlüssen kommen, die die Blutversorgung in der Netzhaut des Auges teilweise unterbinden. Die Folgen reichen von kurzzeitiger Erblindung, über dauerhaft verringerte Sehkraft bis hin zur vollständigen Erblindung des Auges. Ein Sehsturz verursacht keine Schmerzen und bleibt nicht selten unentdeckt, da das zweite Auge weiterhin sieht.

Die Begriffe ‹Sehsturz› und ‹Augeninfarkt› sind umgangssprachliche Bezeichnungen für eine akute Durchblutungsstörung (Ischämie) in der Netzhaut eines Auges. Gründe sind meist Verengungen oder Verschlüsse kleinerer oder auch größerer Blutgefässe im Auge. Letztlich wird dadurch das Netzhautgewebe nicht mehr ausreichend mit Nährstoffen und vor allem Sauerstoff versorgt. Grundsätzlich ist bei ersten Anzeichen so schnell wie möglich für eine medizinische Versorgung zu sorgen. Um gravierende Schäden zu vermeiden, ist es notwendig sich nach Einsetzen des Sehsturzes innerhalb von 20 Stunden in ärztliche Behandlung zu begeben. Die Konsequenz eines nichtbehandelten Sehsturzes kann eine starke und dauerhaft bleibende Einschränkung des Sehvermögens sein. Im schlimmsten Falle kann sogar völlige Erblindung einsetzen.
 

Verengte Gefässe schneiden das Auge vom Sauerstoff ab

Der Augenarzt unterscheidet bei einem Augeninfarkt zwischen Verschlüssen in Gefässen, die das Blut vom Auge in Richtung Herz leiten (Zentralvenenverschluss oder Venenastverschluss) und solchen, die in Gefässen auftreten, in denen das Blut vom Herz zum Auge strömt (Zentralarterienverschluss oder Arterienastverschluss). Die Arterien führen sauerstoffreiches Blut ins Auge. Sind sie verschlossen, ist das Gewebe direkt von der Sauerstoffversorgung abgeschnitten. Sind Venen verschlossen, kommt es im Auge zu einem Blutstau und einer Schwellung. Das drückt letztlich auch die benachbarten Arterien ab und führt so letztlich auch zu einem Sauerstoffmangel im Gewebe. Venenverschlüsse sind bei Sehsturz häufiger die Ursache als Arterienverschlüsse.

Auch Blutungen aus geschädigten oder undichten Gefässen sorgen durch einen erhöhten Druck auf das Gewebe dafür, dass die Netzhaut zu wenig Sauerstoff bekommt. Gefässverschlüsse, -einengungen oder Blutungen bedingen sich dabei oft gegenseitig: Zuweilen bildet das Auge zum Beispiel neue Gefässe, um verschlossene Gefässe zu ersetzen. Diese neu gebildeten Gefässe sind jedoch weniger stabil. Sie reißen leicht ein und können erneute Blutungen auslösen.
 

Sehsturz wird häufig nicht bemerkt

Bei einem Sehsturz reichen die Folgen – je nach Art, Ausmass und Ort des Netzhautschadens – von einer kurzzeitigen Erblindung, die Sekunden oder wenige Minuten andauert, über ein dauerhaft eingeschränktes Sehvermögen mit verringerter Sehschärfe bis hin zur vollständigen Erblindung des betroffenen Auges.

Viele Betroffene bemerken den Sehsturz gar nicht oder sehr viel später, da das zweite Auge ja weiterhin gut sieht. Außerdem verursacht ein Sehsturz in der Regel keine Schmerzen. Manche Betroffene können deswegen den Zeitpunkt des Ereignisses nicht genau angeben. Nicht selten ist es der Augenarzt, der den Gefässverschluss und seine Folgen im Nachhinein bei einer Routineuntersuchung feststellt. 90 Prozent aller Betroffenen sind älter als 50 Jahre, wobei Männer häufiger einen Augeninfarkt erleiden als Frauen.
 

Augeninfarkt: Verschwommenes Sehen und ‹Schleier vor dem Auge›

Charakteristisch für einen Augeninfarkt ist auch, dass er vergleichsweise unvermittelt auftritt. Symptome wie ‹Schleier vor dem Auge› oder eine deutlich verringerte Sehstärke und -schärfe können sich unter Umständen binnen Minuten zu einer vollständigen Erblindung des betroffenen Auges ausweiten. Obgleich der Sehsturz selbst keine Schmerzen verursacht, können als Folge schmerzhafte Erkrankungen auftreten, wie beispielsweise eine deutliche Erhöhung des Augeninnendrucks (Sekundärglaukom).

Quelle:  praxisvita.de/sehsturz-augeninfarkt#

Interview

«Am wichtigsten ist uns eine möglichst hohe Autonomie der Betroffenen.»

Der Fachbereich Unterstützung ist jener Bereich bei SIBU, der direkt bei den Klientinnen und Klienten vor Ort vermittelt, coacht und unterstützt. IT-Spezialisten sorgen für die nötige Infrastruktur und Software am neuen Arbeitsplatz. Und die Beraterinnen und Berater ‹Sehbehindertentechnische Unterstützung› vermitteln zwischen Ausbildungsinstituten, IV-Stellen und Arbeitgebern. Wir beleuchten diese Arbeit im Interview mit dem Bereichsleiter, Petr Chudozilov.

Petr, welche Stationen sind es, die eine Klientin oder ein Klient bei der SIBU durchlaufen kann?
Unsere Klientinnen und Klienten absolvieren typischerweise drei Phasen bei uns. Am Anfang steht das Assessment. Das ist eine fundierte Abklärung der Ausgangssituation. Sie schafft für den Versicherten, die Invalidenversicherung und den Arbeitgeber eine gute Grundlage für die weitere Planung. Im zweiten Schritt absolvieren die meisten Klienten eine sehbehindertentechnische Grundschulung. Hier werden Hilfsmittel abgeklärt, deren effizienter Gebrauch trainiert und die Klienten bei ihrer Auseinandersetzung mit der Sehbehinderung begleitet. Und wenn es um eine Umschulung geht, bereiten wir die Klienten fachlich darauf vor. Phase drei ist dann die Rückkehr am bestehenden oder Wiedereingliederung an einem neuen Arbeitsplatz. Wir installieren Hilfsmittel, supporten diese und schulen arbeitsplatzspezifische Applikationen vor Ort. Und in einer Übergangszeit begleiten wir die Klienten, damit sie das Erlernte auf optimale Weise in ihren Arbeitsalltag transferieren können.

Hinter dem umfassenden Schulungs-, Trainings- und Hilfsmittelangebot steckt jahrelange Erfahrung. Nach welchen Qualitätskriterien habt ihr im Laufe der Zeit das Angebot verbessert, ergänzt oder verfeinert?
Das wichtigste Kriterium ist für uns eine möglichst hohe Autonomie der Betroffenen. Nur wenn sie ihre Selbstständigkeit erhalten, können sie sich im ersten Arbeitsmarkt nachhaltig integrieren. Und das ist unser Ziel. Ob wir Prozesse verfeinern oder neue Angebote wie die Lehrmittelanpassung und die ‹Sehbehindertentechnische Unterstützung› einführen: Es dient letztlich immer diesem Zweck der nachhaltigen Integration unserer Klientinnen und Klienten in den ersten Arbeitsmarkt!

Unterscheidet sich die SIBU von anderen Anbietern, die Sehbehinderten im beruflichen Bereich Dienste oder Produkte anbieten?
Es gibt zwei Gründe, wieso wir uns von den anderen Anbietern unterscheiden. Erstens: Die SIBU ist ausschliesslich im beruflichen Bereich tätig. Dadurch konnten wir uns ein einmaliges Fachwissen aufbauen und uns einen hohen Spezialisierungsgrad erarbeiten. Der zweite Punkt ist, dass wir alle Dienstleistungen aus einer Hand anbieten können. Vom Assessment über die Grundschulung bis zur Hilfsmittelausrüstung im Low-Vision- und im Informatikbereich. Ergänzt werden diese Angebote durch das Coaching und den Support vor Ort in der ganzen Deutschschweiz. Weil wir all dies unter einem Dach anbieten können, ist es möglich, rasch und unkompliziert auf die Anliegen unserer Klientinnen und Klienten sowie deren Arbeitgeber einzugehen.

Wie ist die Zusammenarbeit mit dem wichtigsten Partner, den IV-Stellen der Kantone?
Eine gute Zusammenarbeit mit den IV-Stellen ist zentral für unsere Arbeit. Und wir schätzen es sehr, dass wir ein gutes gegenseitiges Verständnis aufbauen konnten. Dazu haben auch unsere Weiterbildungsveranstaltungen beigetragen, die bisher von mehr als 80 IV-Verantwortlichen zahlreicher Kantone besucht worden sind.
In der direkten Zusammenarbeit sind uns eine hohe Dienstleistungsorientierung und Transparenz besonders wichtig. Wir versuchen gezielt, sehbehindertentechnisches und integrationsspezifisches Know-how zur Verfügung zu stellen, damit die IV-Stellen zusammen mit den Klientinnen und Klienten und Arbeitgebern möglichst nachhaltige Lösungen finden können.

Und welche Erfahrungen macht ihr mit Arbeitgebern, die sehbehinderte Mitarbeitende beschäftigen?
Bei den meisten Arbeitgebern spüren wir einen hohen ‹Goodwill›. Gleichzeitig ist anfänglich häufig auch Respekt spürbar, eine sehbehinderte Person zu beschäftigen, weil die Arbeitgeber nicht genau wissen, was auf sie zukommen wird. Hier braucht es eine gute Kommunikation von unserer Seite. Wir informieren über das Potenzial sehbehinderter Mitarbeiter, über Hilfsmittel und kompensatorische Arbeitstechniken, über die Optimierung von Arbeitsabläufen sowie über mögliche Anpassungen am Arbeitsplatz. Viele Arbeitgeber staunen letztlich, was alles möglich ist und die Erfahrung zeigt, dass sich die sehbehinderten Mitarbeiter durch eine überdurchschnittliche Loyalität, eine exakte Arbeitsweise und ein hohes Engagement auszeichnen, was natürlich sehr geschätzt wird.

Im Bereich ‹Sehbehindertentechnische Unterstützung› (STU) arbeitet ihr ausserdem intensiv mit Ausbildungsinstitutionen und Lehrkräften zusammen. Wie geht ihr an diese Zielgruppe heran?
Es ist wichtig, dass unsere Beraterinnen und Berater ‹Sehbehindertentechnische Unterstützung› (STU) regelmässig vor Ort im Unterricht sind. So stellen Sie fest, welches die Herausforderungen für Lehrpersonen und Betroffene sind und ermöglichen den Aufbau eines Vertrauensverhältnisses zwischen dem Klienten, der Schule und der SIBU. Die STU-Berater fungieren als Drehscheibe und koordinieren die Zusammenarbeit mit den Informatikern, Low Vision Fachfrauen und dem Team Lehrmittelanpassung. Diese interdisziplinäre Teamarbeit ist innovativ, hat sich in der Praxis als sehr wirksam erwiesen und ermöglich es den Ausbildungsinstitutionen, sich auf ihren Kernauftrag zu konzentrieren.
 

Fotos: Michael Fritschi